Texte

Songtexte und Gedichte

 

MALOCHER BLUES

 

Auf der Autobahnbaustelle zwischen Dortmund-West und Unna

sind die Männer noch am Schuften in der heißen Mittagssonne.

Ohne viel zu reden tun sie, was zu machen ist,

aber jeder in der Truppe freut sich, daß heut' Freitag ist.

Alle sind am Schwitzen und es dampft der heiße Asphalt,

"Noch 'ne halbe Stunde, Jungs", ruft der Boss, "wir haben's bald"

 

Einer spart sein Geld für seinen Urlaub an der Ostsee,

einer braucht es für das Studium von seiner Tochter,

einer rackert für den Unterhalt an seine Exfrau,

einer reißt die Stunden ab für seinen Neubau.

Doch wenn sie sich anschau'n, dann denkt jeder hier das Gleiche:

"Mit der Malocherei hier wirst du niemals richtig reich sein."

 

Es ist kurz vor vier, es steigt die Stimmung in der Meute,

dann ist es geschafft, der Boss ruft: "Feierabend, Leute.

Passt gut auf Euch auf und habt ein schönes Wochenende."

Wartet bis der Letzte fort ist, dann nimmt er das Handy.

Ruft die Freundin und sagt ihr: "Schatz ich komme heute,

und dann machen wir's wie immer, und wir hör'n die Glocken läuten."

 

 

 

 

        

TABEA
                    
Tabea war ein hübsches Kind
mit schönen, schmalen Händen.
Ihr braunes Haar wehte im Wind,
geschmückt mit bunten Bänder.

 

Auf dem Schulhof wurde sie
umschwärmt von allen Knaben.
Tabea stand und lächelte,
sie schien es gern zu haben.

 

Später sah man sie überall,
niemals war sie alleine.
Immer war sie die Königin,
sie hatte viele Freunde.

 

Auch ich war einer von den vielen,
die von Tabea träumten.
Es ging mir wie den anderen,
es ist ein Traum geblieben.

 

Irgendwann sah ich sie noch einmal
an einem Taxi stehen.
Dann stieg sie ein und sie fuhr fort.
Hab‘ sie nie mehr gesehen.

 

Manchmal habe ich mich gefragt,
was ist aus ihr geworden,
wie wird es mit ihr enden.
Ein alter Freund hat's mir gesagt,
sie nahm sich einen Metzger
mit großen, schweren Händen.

 

 

 

 WAS MACHT KAFKA?

 

 

Möcht' gerne mal wissen,

was passiert,
wenn der Sensenmann kommt,
und dich wegrasiert,
wo die Reise hingeht,
wenn das Herz stillsteht.

 

Was macht Kafka?

 

 

War es alles gewesen,
wenn wir langsam verwesen?
Hört der Lebenslauf 
jetzt für immer auf?
Kehren wir nie mehr zurück?
Kein neues Spiel? 
Kein neues Glück?

 

Was macht Kafka?

 

 

Wo kommen wir an?
Wo ist Endstation?
Bekommt jedes Leben seinen Lohn?
Stehen wir einst vor dem großen Gericht?
Wer geht ins Schattenreich?
Welche kommen zum Licht?

 

Was macht Kafka?

 

 

 

DER CHINESISCHE WEISE

 

Hoch in der Luft,
auf einem Seil
tanzt der chinesische Weise.
Mit dem großen Zirkel
zeichnet er die Kreise.
Rufst Du ihn und fragst:
"Wohin treibt die Welt?",
lacht er Dich aus und sagt:
"Zähl die Ähren auf dem Feld."

 

 

 

 

RÄTSEL

 

In einem anderen Leben

war ich kein Mensch, kein Baum,

kein Stein, kein Tier.

Ich war Geschriebenes, ein Zeichen.

Schwarze Tusche auf weißem Papier

 

 

 

DER BESUCHER

 

Werde euch nicht suchen, trommle nicht auf Holz.

Werde nicht verkünden, was ihr hören wollt.

 

Steh' auf meiner Stelle, schaue was geschieht.

Um mich kreisen Vögel, singen mir ihr Lied.

 

Wenn die Sterne funkeln hab' ich es vollbracht,

hab in eurem Leben einen Tag verbracht.

 

Von der dunklen Erde reise ich zurück

zu den hellen Quellen, entstanden aus Musik.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Druckversion | Sitemap
© Manfred Weigel